Ceol Agus Craic (Pressekritik)

Lieder, die Geschichten erzählen

 

 

von Evelyn Eischeid

Elsfleth Irland: Im Westen Europas ein Landstrich, vollgepackt mit Klischees; eine grüne Insel, die gerade deswegen neugierig macht, sie zu erkunden. Einiges, was für Irland typisch ist, verriet vor Beginn des „Irish-Folk-Abends“ die Vorsitzende des Elsflether Kulturvereins, Renate Detje, den Gästen im voll besetzten Heye-Saal: „Schietwettervarianten verleihen der Insel 40 verschiedene Grünschattierungen, nicht alle Iren sind rothaarig und sommersprossig, aber alle Iren sind sowohl begnadete Sänger als auch Säufer, der irische Adventskranz trägt fünf statt vier Kerzen und zum Advent stellen die Menschen eine Flasche Guinness und eine Pastete vor die Tür – St. Patrick wird’s ihnen danken! Also bechern sie ordentlich und genießen auch sie diese Tradition der grünen Insel“.

Wie Irland singt, trinkt und feiert – davon können auch Irish-Folk-Bands aus Deutschland mehr als nur ein Lied singen. Eine dieser irisch-affinen Formationen war in Elsfleth zu Gast mit einem Programm, das nicht nur Fans begeisterte, sondern neue Freunde hinzu gewann.

„Ceol Agus Craic“ – dass kann kaum jemand korrekt aussprechen. Macht aber nichts, wenn man weiß, dass die gälische Bezeichnung mit Musik und Spaß gleichzusetzen ist. Lothar und Margret, Tina, Gunda und Rainer aus Nordenham brillierten nicht nur mit ausgefeilten Arrangements und ihrem authentischen Gesang, auch die Fülle ihrer Instrumente hätte für ein ganzes Orchester ausgereicht. Zu den klassisch-irischen Instrumenten wie Bodhrán, Tin-Whistle, Mandoline und Gitarre gesellten sich Blockflöten, Querflöte, E-Bass, Triangel und Banjo.

Jeder Song, der in Irland gesungen wird, erzählt eine ganz bestimmte Geschichte: von der Sehnsucht der Auswanderer nach der Heimat, vom Kampf gegen die verhassten Engländer, von Liebe und verschmähter Liebe und mit einem Augenzwinkern auch vom Tod. So – verkündet es die Band musikalisch – erging es dem verstorbenen Pat Murphy. Auf dem Weg zum Friedhof trugen seine Kumpels den Sarg, aber nur bis zum nächsten Pub. Als sie dort den Durst mit Guinness und Whiskey gestillt hatten, ging’s weiter zum Gottesacker – den Sarg hatten die Säufer im Pub vergessen.

Ob mit instrumentaler Begleitung oder fünfstimmig a-capella, von Stück zu Stück wurde die Stimmung lockerer, der Applaus lauter und länger und wer nicht mitsang und mitsummte, der ließ wenigstens die Füße wippen und die Finger schnippen.

Neben bekannten Songs wie „Tell me, Ma“, „Gipsy Rover“, „Molly Malone“ und „Whiskey in the jar“, „Rattlin’ Bog“ gab es auch klassische und stimmige Hits wie Mark Knopflers „Albion Trucks Tribute“ und „Dirty old Town“. Und es war kein langer Weg, das Publikum in einen Chor zu verwandeln: „It’s a long way to tipperary“ – der britische Song aus dem 1. Weltkrieg wird bis heute weltweit mitgesungen.

Für die stets gut gelaunten und sympathischen Bandmitglieder gab es zum Schluss einen donnernden Applaus und stehende Ovationen. Mit den Noten von „Dicey Riley“ im Ohr trat die Irish-Folk-Fangemeinde beschwingt den Heimweg an und „Ceol Agus Craic“ kann sicher sein, die mittlere Wesermarsch erobert zu haben.