Wettstreit endet unentschieden
Von Evelyn Eischeid
Wiener Charme trifft im Elsflether Heye-Saal auf Berliner Schnauze (von links): Jens Carsten Stoll und Martha Pfaffeneder.
Bild: Evelyn Eischeid
Martha Pfaffeneder und Jens Carsten Stoll bedienen musikalisch viele Klischees. Natürlich augenzwinkernd, und dafür gibt’s am Ende verdienten, lang anhaltenden Applaus.
Elsfleth Rot und Weiß – mit den Farben ihrer Flaggen haben Wien und Berlin schon mal etwas gemeinsam! Weiter verbindet die beiden Hauptstädte ein ganzer Sack, prall voll mit Klischees über die Befindlichkeiten ihrer Bewohner!
Ob es noch mehr Gemeinsamkeiten oder viel Trennendes gibt, verraten am Freitagabend im Heye-Saal die Wienerin Martha Pfaffeneder und der Berliner Jens Carsten Stoll ihrem Publikum, das sich schon mal mit einem Glas Wein (Heuriger war aus, Berliner Weiße ooch!) auf eine musikalische Reise einstimmt. Motto: „Wiener Charme und Berliner Schnauze“.
Und damit geht’s gleich los: „Wien, Wien, nur du allein sollst stets die Stadt meiner Träume sein“, trällert die Wienerin – in Elsfleth, auf neutralem Boden, darf diese heimliche Hymne gesungen werden. Auch wenn’s den Jens nervt, und er sich bärbeißig-berlinerisch grummelnd über die „Wiener Schmonzetten“ mokiert.
Wenn Wien mit zuckerigen Evergreens, mit Wein, Weib, Gesang und Liebe punktet, sind doch die Berliner Luft, der Alte Fritz, der Große Kurfürst Beweise, dass die Preußen auch etwas vorzuweisen haben.
Und so tritt das Duo in einen musikalischen und verbalen Wettstreit: „Wien, also Vindobona, wurde von den Römern gegründet“, punktet Martha Pfaffeneder, „da konntet ihr den Namen Berlin noch nicht mal aussprechen“. Prater und Heuriger, Würstl-stand, Ringelspiel, Fiaker, was kann Berlin dem schon entgegensetzen?
Jens Carsten Stoll versucht’s mit Bockwurst und Eisbein, mit Currywurst, Bier, mit Eckkneipen, mit Paul Linckes Gassenhauern und Claire Waldorfs Kodderschnauze.
Aber egal, was er anführt, laut Martha Pfaffeneder hinken die Preußen stets hechelnd hinter den österreichischen Schmankerln (erinnert sich noch jemand an Glykol im Wein?) hinterher.
Eins steht schon zur Pause fest: was Charme und Gesang angeht, ist die Mezzosopranistin nicht zu schlagen, ihr Berliner Freund erkennt das neidlos an und begleitet sie brav auf dem neuen Vereins-Piano.
Und so wechseln sich dröge Berliner Döntjes mit wienerischer Operettenseligkeit ab, wenn die Martha verkündet, dass ihr Liebeslied partout ein Walzer sein muss. Aber wenn das der Herrgott nicht will, nutzt es gar nix! Wien, die Stadt mit den lyrischen Arabesken und jeder Menge Schmäh; Berlin, die Stadt ohne Zuckerguss? Die Besucher des Kulturvereins sind weit davon entfernt, als Jury Punkte zu vergeben.
Der Wettstreit Wien contra Berlin endet unentschieden – schließlich ist die Berliner Luft ja auch nicht mehr so toll und die blaue Donau schon lange nicht mehr blau. Versöhnlich endet dieser vergnügliche Abend, man sagt und singt gemeinsam mit dem Publikum beim Abschied leise Servus und wünscht sich, dass dieses Duo – in Elsfleth sind beide Wiederholungstäter – mit seinem musikalischen Hauptstadtranking nicht zum letzten Mal bei den Nordlichtern zu Gast war. Ganz langer Applaus und zwei Zugaben.